Schon Udo Jürgens schwärmte für die Crème Giovanni
Jede Stadt hat ihre eigenen süßen Spezialitäten: Die Wiener sterben für ihre Sachertorte, die Pariser begehren die Macarons von Ladurée, und die Fuldaer lieben ihre Crème Giovanni aus dem Café Thiele. Schon Udo Jürgens schwärmte für das leichte Gebäck. Und ihr könnt es selbst nachbacken: Konditormeister Georg Young hat das Rezept für seinen Klassiker verraten.
Die besten Speisen sind durch Experimente entstanden – und so war es auch bei der Crème Giovanni. Es ist rund 30 Jahre her, als die ehemaligen Thiele-Inhaber Georg und Susanne Young gebeten wurden, für eine Geburtstagsfeier ihres Schwagers (des in Fulda angesehenen Restaurators Johannes Kramer) das Dessert zu kreieren.
Bayerische Crème trifft Erdbeeren und Biskuit
Es sollte ein bayerischer Abend werden, und die Youngs hatten zunächst keine Idee, wie sie das Motto des Abends umsetzen sollten. Also wurde in der Konditorei gegrübelt und getüftelt – Bayerische Crème traf schließlich auf feinen Biskuit und pürierte Erdbeeren. Am Ende kam eine fruchtige Schnitte heraus, auf die ein Rautenmuster aus Puderzucker gestreut wurde. „Das sollte die Fahne des Freistaats Bayern symbolisieren“, erinnert sich Susanne Young.
Diese Art Tiramisu auf Bayerisch war so ganz nach dem Geschmack der Partygäste. Also wurde die Spezialität auch den Kunden der Konditorei angeboten – und von da an war der Siegeszug der Schnitte nicht mehr zu stoppen. „Es gibt Leute, die reisen von weither mit Kühlakkus an, um die Crème Giovanni unbeschadet nach Hause zu transportieren“, weiß Susanne Young.
Udo Jürgens schwärmte – und sorgte für mediale Aufmerksamkeit
Auch prominente Fulda-Besucher wurden schwach beim Anblick der Leckerei. Als Udo Jürgens vor vielen Jahren in Fulda auftrat, entdeckte er bei einem Spaziergang durch die Innenstadt die süße Offenbarung für sich. Abends beim Konzert erzählte er seinem Publikum von dem Hochgenuss – mit der Folge, dass die Crème Giovanni im Café Thiele immer öfter ausverkauft war. Das Fernsehen kam, und selbst die Zeitschrift „Feinschmecker“ berichtete über die Erfindung aus Fulda.
Das Besondere an der Spezialität, die längst zum Klassiker geworden ist? Susanne Young war selbst vom Erfolg überrascht. „Da steckt keine Genialität drin“, sagt die ehemalige Chefin des Hauses. Aber dafür etwas anderes: „Die meisten fühlen sich an den Geschmack von Vanillepudding und frischen Erdbeeren erinnert, und damit verbinden viele die Liebe ihrer Mama“, sagt Young. Natürlich stecken auch gute Zutaten und die Kunst des Konditorenhandwerks darin. „Wir verwenden zum Beispiel keine Gelatine“, erklärt die Inhaberin.
Traditionelle Schnitte in neuen Variationen
Inzwischen wird das Café Thiele vom neuen Inhaber Herbert Büttner geführt, der die Tradition rund um die Crème Giovanni selbstverständlich fortsetzt und die Fuldaer weiter mit ihrer Lieblingsschnitte versorgt. Und wer etwas Abwechslung mag, kann mittlerweile auch andere Variationen der Schnitte genießen – zum Beispiel mit Mango.
Und wie kam das Ehepaar Young auf den Namen? Naja, es war ja der Geburtstag von Johannes. Und Johannes war ein großer Italien-Fan – und da war der Name Crème Giovanni nun wirklich nicht mehr weit. Damit wäre auch dieses Rätsel um Fuldas beliebteste Schnitte geklärt.
Und das allerletzte Geheimnis verraten wir jetzt: Konditormeister Georg Young hat das Rezept für seine berühmte Crème Giovanni preisgegeben – und ihr könnt euch nun selbst daran versuchen, die beliebte Fuldaer Schnitte nachzubacken.
Rezept für Crème Giovanni
Zutaten
Biskuitteig:
8 Eier
150 g Zucker
175 g Weizenmehl
50 g Speisestärke
Vanillecrème:
2 Päckchen Puddingpulver Vanille-Geschmack
500 ml Milch
7 Eigelb
200 g Zucker
2 Vanilleschoten
abgeriebene Schale von 1/2 Zitrone (unbehandelt)
500-600 ml Schlagsahne
Füllung:
1 kg Erdbeeren
etwas Zitronensaft
100 g Zucker
Zum Tränken:
4 EL Orangenlikör
Zum Bestäuben:
Puderzucker
Ober-/Unterhitze: etwa 180 °C (vorgeheizt)
Gas: etwa Stufe 3 (vorgeheizt)
Backzeit: 25 – 30 Minuten
Zubereitung
Für den Biskuitteig Eier mit Handrührgerät (Rührbesen) auf höchster Stufe in 1 Minute schaumig schlagen. Den Zucker in 1 Minute einstreuen. Dann noch etwa 2 Minuten schlagen. Über die Eiercrème die Hälfte des mit Speisestärke gemischten Mehls sieben und kurz auf niedrigster Stufe unterrühren. Den Rest des Mehlgemischs auf die gleiche Weise unterarbeiten. Backblech fetten, mit Backpapier belegen. Backrand (28 x 36 cm) darauf stellen. Den Teig darin verteilen und sofort backen.
Biskuit aus dem Backrand lösen, erkalten lassen. Für die Vanillecrème Puddingpulver mit etwas Milch und Eigelben verrühren. Restliche Milch, Zucker, ausgekratztes Mark der Vanilleschoten und Zitronenschale zum Kochen bringen. Das angerührte Puddingpulver einrühren, nochmal kurz aufkochen lassen. Pudding abkühlen lassen, zwischendurch umrühren. Die Sahne steif schlagen und unter den abgekühlten Pudding heben.
Für die Füllung Erdbeeren waschen, putzen und pürieren. Erdbeerpüree mit Zitronensaft und Zucker verrühren. Biskuit zweimal waagerecht durchschneiden. Einen Tortenrand (28 x 36 cm) auf eine Platte stellen. Einen Biskuitboden in den Rand legen, mit 2 EL Orangenlikör tränken. Zunächst die Hälfte der Vanillecrème daraufstreichen, dann die Hälfte des Erdbeerpürees. Den zweiten Boden auflegen, mit restlichem Likör tränken. Die restliche Crème und Erdbeerpüree darauf verteilen, mit dem dritten Boden bedecken und mit Puderzucker bestäuben.
Auf die Oberfläche mit einem großen Messer ein Rautenmuster einzeichnen und in 24 Stücke einteilen, dann 3 Stunden kaltstellen. Zum Servieren die Crèmeschnitten nach Belieben mit halbierten glasierten oder frischen Erdbeeren (mit Stiel) belegen.
TIPP: Die Biskuitplatte halbieren oder vierteln, bevor sie zweimal waagerecht durchgeschnitten wird.
Ein Text von Bernd Loskant, erschienen in ‚Fuldas Finest‘ 02/2019
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