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STADTGEFLÜSTER

Die Geschichte vom Spätlesereiter

Im Zuge des Weinfests hat man dem Spätlesereiter im Innenhof des Stadtschlosses ein Denkmal gesetzt. Hier lest ihr seine Geschichte.

Beim diesjährigen Weinfest im Schlosshof war ein Thema besonders präsent: die Spätlese. Eine neu enthüllte Skulptur im Innenhof stand dabei im Mittelpunkt. Sie zeigt den sogenannten Spätlesereiter, dessen Geschichte sich zu erzählen lohnt. Der Sage nach sorgte nämlich ein unerfreulicher Umstand dazu, dass man die Vorzüge überreifer Trauben entdeckte.

Im 18. Jahrhundert benötigte der Kellermeister des Johannisbergs im Rheingau für die Traubenlese noch die Erlaubnis des Fürstbischofs von Fulda. So soll er im Jahre 1775 einen Kurier entsandt haben, dessen Rückkehr mit der Leseerlaubnis sich um zwei Wochen verzögerte. Verschiedene Varianten der Sage nennen unterschiedliche Gründe für die Verspätung des Boten. Manche erzählen, dass der Reiter von Räubern festgehalten wurde, andere erzählen von einer holden Maid, die ihm auf seiner Reise begegnet sei. Es gibt auch eine Version, in der Fuldaer Fürstbischof auf der Jagd und deshalb nicht erreichbar gewesen sein soll. Kurzum: Die Mönche konnten nichts tun, als Tag für Tag ihren wertvollen Trauben beim Verfaulen zuzusehen.

 

Die Geburt der Spätlese

 

Als der Kurier dann endlich zurückkam und die fürstbischöfliche Leseerlaubnis aus Fulda überbrachte, galt die Ernte als verloren. Um zu retten, was noch zu retten war, entschied man sich, die faulen Trauben einzuholen. Und sie staunten: Der daraus entstandene Wein war vorzüglich! Die Kellermeister begannen in den darauffolgenden Jahren, aus vergorenen Trauben gehaltvolle Weine von höchster Qualität herzustellen. Die Spätlese war geboren.

Obwohl sein Malheur auch für eine Katastrophe hätte sorgen können, gilt die Verspätung des Spätlesereiters als Grund für die Entdeckung der heute weltberühmten Spätlese und der sogenannten Edelfäule. Ende der Achtzigerjahre entstand sogar ein eigener Comic über Karl, den Spätlesereiter. Das Werk von Zeichner Michael Apitz begeistert auch in seiner Neuauflage ganze Generationen mit Karls Abenteuern, die mit dem Ritt nach Fulda und zurück begannen.

 

Ein sympathischer Botschafter für Fuldas Weingeschichte

 

Um seine Geschichte als Teil der Fuldaer Weinkultur zu erhalten und erlebbar zu machen, hat man dem Spätlesereiter im Innenhof des Stadtschlosses ein Denkmal gesetzt. Der prominente Standort hat einen historischen Hintergrund: Im 18. Jahrhundert wurden in den Kellern des Schlosses die feinen Weine aus den Fuldaer Liegenschaften im Rheingau in Fässern gelagert und abgefüllt.

Die lebensgroße Skulptur zeigt den Spätlesereiter auf Augenhöhe des Betrachters, sein Pferd hält er am Zügel. Die Bronzeskulptur wurde von der Berliner Bildhauerin Valerie Otte geschaffen, die sich mit ihrem Entwurf in einem bundesweiten Wettbewerb durchgesetzt hat. In Zukunft soll der sympathische Reiter den Fuldaern und Touristen nicht nur als Sehenswürdigkeit und Fotomotiv dienen, sondern auch über diesen wichtigen Teil der Fuldaer Weinkultur informieren.

Unser Video vom Spätlesefest und der Enthüllung der Skulptur im Schlosshof seht ihr hier. Besucht uns gerne bei Facebook und Instagram, um nichts aus Fulda zu verpassen.