

Interview: Shaggy Schwarz macht Impro-Theater
Shaggy Schwarz ist eine feste Größe in der Fuldaer Kulturszene. Ob als Podcaster, Moderator, Schauspieler oder DJ – er hat sein Talent schon auf vielen Bühnen der Region und darüber hinaus bewiesen. Seit einigen Jahren leitet er nun sein eigenes Improvisationstheater in der Fuldaer Lindenstraße und begeistert dort nicht nur als Darsteller, sondern auch als Trainer. Wir haben mit ihm über die Faszination des Impro-Theaters und die besondere Dynamik dieser Kunstform gesprochen.
Shaggy, du bist auf vielen Bühnen in der Region bekannt. Aber wie bist du speziell zum Impro-Theater gekommen?
Ich spiele eigentlich schon mein ganzes Leben lang Theater. Mein erstes Mal auf der Bühne war in der ersten Klasse – ein Schattenspiel. Ab der fünften Klasse hatte ich dann regelmäßige Theaterproben. Ich habe schon früh gemerkt: Theater ist meine große Leidenschaft und die hat mich nie wieder losgelassen. Etwas später kam ich dann das erste Mal mit Improvisationstheater in Berührung. Die Idee, ohne Skript auf der Bühne zu stehen und in der Situation spontan zu reagieren, hat mich sofort fasziniert. Während meines Studiums habe ich mich dann intensiv weitergebildet, Workshops besucht und schließlich 2015 mit meiner Kollegin Sabine Hauß eine Impro-Gruppe in Fulda gegründet. Das Ganze war eigentlich eine Schnapsidee auf einer Party! Aber es hat funktioniert – und heute ist es meine Hauptbeschäftigung.
Für alle, die es nicht kennen: Was genau ist Impro-Theater eigentlich?
Improvisationstheater ist Theater ohne vorgegebenen Text oder feste Abläufe. Man reagiert in dem Moment auf das, was gerade passiert – sei es durch die Mitspieler oder durch Vorgaben des Publikums. Es gibt verschiedene Formen: Kurzformen, die eher auf humorvolle, schnelle Szenen abzielen, oder Langformen, die abendfüllende Stücke ohne vorher festgelegtes Skript entstehen lassen.
Viele haben Angst davor, spontan auf der Bühne zu stehen.
Die Angst ist völlig normal. Viele, die zum Schnupperabend kommen, erzählen mir, dass sie eigentlich nicht genau wissen, warum sie sich angemeldet haben – sie hatten einfach das Gefühl, es mal ausprobieren zu müssen. Impro-Theater hilft, Hemmungen abzubauen, weil es einen sicheren Raum bietet. Niemand wird bloßgestellt oder muss Angst haben, etwas falsch zu machen. Durch verschiedene Übungen lernt man dann, dass man die eigene Komfortzone gar nicht verlassen muss – sie wird ganz einfach vergrößert. Am Ende fühlt sich die Bühne nicht mehr bedrohlich an, sondern wie ein Ort, an dem man Spaß hat.
Gibt es feste Regeln beim Impro-Schauspiel?
Ja und nein. Grundsätzlich ist vieles erlaubt. Aber es gibt eine wichtige Regel: „Ja, und …“ – das bedeutet, dass man die Idee des anderen aufnimmt und weiterführt, statt sie zu blocken. Wenn dein Mitspieler einen Eisverkäufer spielt und dich fragt, welche Sorte du probieren willst, dann solltest du nicht antworten: „Ich bin aber der Papst!“ Damit würdest du die Szene abbremsen. Erst wenn man dieses Prinzip verinnerlicht hat, kann man als guter Spieler bewusst auch mal Nein sagen – ohne den Spielfluss zu stoppen.
Du bringst Impro nicht nur auf die Theaterbühne. Welche Zielgruppen sprichst du an?
Impro ist mehr als nur Unterhaltung – es ist auch ein mächtiges Werkzeug für persönliche Entwicklung. Ich arbeite mit Jugendlichen, Kindern und Erwachsenen, aber auch in Unternehmen und Teams. In Schulen oder der Jugendpsychiatrie helfe ich jungen Menschen, ihr Selbstbewusstsein zu stärken, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen und besser mit Herausforderungen umzugehen. In der Arbeitswelt macht Impro schlagfertiger, verbessert die Kommunikation und fördert Teamarbeit. Es gibt sogar Führungskräfte-Coachings mit Impro-Techniken!
Gibt es ein Erlebnis, das dich besonders berührt hat?
Ein Kursteilnehmer war schwer krank und wusste, dass er bald sterben würde. Er hat seine letzte Nacht zu Hause mit seiner Impro-Gruppe verbracht, weil ihm die Gemeinschaft so viel bedeutet hat. Wir haben zusammen getrunken, gelacht und geweint. Wenige Tage später ist er im Hospiz verstorben und trug dabei sein Bühnenoutfit. Das wird mir für immer im Kopf bleiben und hat mir gezeigt, wie tief Impro Menschen verbinden kann.
Gibt es eine einfache Übung, die jeder ausprobieren kann?
Klar! Eine der ersten Übungen, die ich in meinen Kursen mache, ist die „Ein-Wort-Geschichte“: Man sitzt im Kreis und erzählt gemeinsam eine Geschichte – aber jeder darf immer nur ein Wort sagen. Dadurch entsteht oft automatisch etwas Lustiges, und man lernt, sich auf die Mitspieler einzulassen.
Wenn mal etwas schiefgeht – wie rettet man sich aus einer Impro-Panne?
Das Schöne am Impro ist: Es kann eigentlich nichts schiefgehen. Klar, man kann mal ein Blackout haben oder eine Szene läuft nicht so gut – aber dann springt der Mitspieler ein und hilft. Selbst wenn etwas völlig aus dem Ruder läuft, kann man es nutzen: Man baut es einfach in die Szene ein!
Deine Kursteilnehmer treten regelmäßig in Werkschauen auf und du organisierst sogar ein eigenes Festival.
Ja, das Fuldaer Impro-Theater-Festival ist ein großes Wochenende voller Workshops und Shows mit Trainern aus ganz Deutschland, der Schweiz und sogar England. Ein besonderes Highlight ist der „Fuldaer Impro-Fight“, bei dem Profis und Schüler gemeinsam in einem Wettbewerb improvisieren – völlig spontan! Das nächste Festival findet im Januar 2026 statt, und diesen November gibt es bereits den Vorentscheid „Hometown Hero“, bei dem sich Spieler aus meinen Kursen qualifizieren können.
Arbeitest du aktuell an neuen Formaten?
Immer! Ich entwickle gerade ein improvisiertes Late-Night-Format, das an eine klassische US-Talkshow erinnert – nur eben komplett improvisiert. Außerdem experimentiere ich mit einem KI-Format, bei dem ChatGPT die Szenen-Vorgaben macht. Und ich arbeite an einem Impro-Krimi, bei dem jeder Zuschauer eine Rolle bekommt.
Wie kann man Impro selbst ausprobieren?
Ganz einfach: Ein neuer Anfänger-Workshop startet am 30. April! Wer vorher reinschnuppern will, kann am 23. April zu einem kostenlosen Schnupperabend kommen. Die Nachfrage ist groß – also am besten schnell anmelden!
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