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STADTGEFLÜSTER

Die Schönheit des Unvollkommenen: Handgefertigte Keramik

Handgefertigte Keramik erlebt ein Comeback – und auch in unserer Region sind Malstudios und kleine Labels erfolgreich.

Handgefertigte Keramik erlebt eine bemerkenswerte Renaissance. Immer mehr Menschen wissen die Besonderheit und Qualität von Hand hergestellter Gegenstände wieder zu schätzen, die sich vom Einheitslook der Massenware abgrenzen. Die Faszination für individuelle Keramik und die Leidenschaft zum Handwerk zeigen sich auch bei kleinen Labels aus der Region. Der Trend lädt außerdem dazu ein, selbst kreativ zu werden.

Bekannte Marken wie Motel a Miio, Studio Papaya und Designer wie Gustaf Westman verkörpern den Geist handgemachter Keramik neu. Sie vereinen traditionelle Handwerkskunst mit modernen Designs und finden ihren Weg in die Küchen und Wohnungen der Deutschen sowie auf die Tische anspruchsvoller Restaurants – oft als individuelle kleine Kunstwerke oder einfach als farbenfrohe Hingucker.

 

Authentisch, hochwertig und nachhaltig

 

Die Beliebtheit junger Keramik-Marken bestätigt den Trend, dass Verbraucher zunehmend Wert auf Authentizität, Qualität und Nachhaltigkeit legen. In einer Welt voller Massenproduktion bieten handgefertigte Stücke eine willkommene Abwechslung, Individualität und die Möglichkeit, das Zuhause mit Gegenständen von Bedeutung zu bereichern.

Dabei sind die meisten Teile oft alles andere als perfekt und wollen es auch gar nicht sein: Teller und Schüsseln sind nicht ganz rund, Glasuren unterschiedlich dick. Jedes Stück erzählt eine Geschichte, sei es durch die unregelmäßige Form, die lebendigen Farben oder die einzigartigen Muster. So wird eine Blumenvase zum Herzstück eines Raumes oder eine Tasse vom einfachen Gebrauchsgegenstand zum absoluten Favoriten, der den morgendlichen Kaffee versüßt.

 

Kleine Kunstwerke aus dem Brennofen

 

Auch in der Region Fulda ist der Trend zur handgemachten Keramik längst angekommen. Ein großer Teil dieser Bewegung sind Handmade-Labels und kleine Manufakturen, die ihre Faszination für das traditionelle Handwerk in einzigartige Kunstwerke verwandeln.

Dazu gehört auch klei ceramics, gegründet von den zwei Fuldaerinnen Milena und Antonia. „Die Liebe zur Keramik begleitet uns schon seit Jahren. Es war die Chance, einen Brennofen zu einem guten Preis zu bekommen, die alles ins Rollen brachte“, erinnert sich Antonia. Zusammen mit Milena, deren kreatives Flair und Experimentierfreude keine Grenzen kennt, und Theresa, die hinter den Kulissen als unersetzliche Stütze fungiert, wurde die Marke ins Leben gerufen. „Wir sehen unsere Arbeit nicht nur als Handwerk, sondern als Kunst, die Freude in die Wohnungen der Menschen bringt“, fügt Milena hinzu.

 

Handmade in Fulda

 

Das Label steht exemplarisch für die Keramikwelle, die durch die Barockstadt schwappt. Nicht nur die Nachfrage nach ihren Produkten, sondern auch der Wunsch, selbst Keramik zu gestalten, hat in der Region zugenommen. „Wir planen, Workshops anzubieten, um unsere Leidenschaft mit anderen zu teilen“, teilt Antonia mit Blick auf die Zukunft mit.

Die Stücke unterscheiden sich von industriell gefertigten Produkten durch die Unvollkommenheiten, die jedes Teil einzigartig machen. „Jeder unserer Keramikartikel durchläuft viele Hände und viele Schritte, bevor er fertig ist. Das ist der Unterschied – die Liebe und das Herzblut, das in jedem Stück steckt“, sagt Milena.

 

Trend-Treffpunkt Malstudio

 

Wer weniger Freude am aufwändigen Bearbeiten von Ton und Lehm hat, aber dennoch eigene Stücke selbst gestalten möchte, kann sich beim Bemalen kreativ austoben: Keramik-Cafés und Kreativ-Studios verbreiten sich aktuell nicht nur in den sozialen Medien. Sie bieten eine Vielzahl an Rohkeramikstücken zum Verzieren an, wobei die fertigen Werke dann professionell glasiert, gebrannt und anschließend behalten werden können. Ganz nebenbei funktionieren solche Orte als soziale Treffpunkte, an denen Menschen zusammenkommen, um bei einer Tasse Kaffee oder Tee ihre Kreativität auszuprobieren.

Auch im Fuldaer Mal- und Bastelstudio Keramali wird der Trend rund um Kreativität und Gemeinschaft erlebbar. Hier können Besucher selbst Hand anlegen und dank großer Farbauswahl und allerhand Werkzeugen stehen ihnen jede Menge Gestaltungsmöglichkeiten offen. Dabei wird aber niemand ins kalte Wasser geworfen: Jeder bekommt zunächst eine Einführung und professionelle Tipps, damit das Verzieren der eigenen Keramik gelingt. So entstehen ganz persönliche kleine Kunstwerke, die sich prima verschenken lassen oder als Erinnerungsstücke mit nach Hause genommen werden können.

 

Beliebte Gruppenaktivität

 

Das Kreativstudio mitten im Herzen von Horas trifft damit genau den Zahn der Zeit. Inhaberin Claudia Hartung berichtet von einer enormen Nachfrage: „Wir sind aktuell oft weit im Voraus ausgebucht und wir haben unsere Räumlichkeiten bereits auf den Keller erweitert.“ Dabei kommen auch mal größere Gruppen zusammen, denn Geburtstage, Firmen-Events oder Junggesellinnenabschiede werden gerne bei Keramali gefeiert. Geduld ist also nicht nur beim Bemalen der Keramik, sondern auch bei der Terminfindung gefragt. Doch das Warten lohnt sich, denn am Ende hält man im besten Fall ein lebenslanges Lieblingsstück in den Händen.

 

Keramik, Steingut oder Porzellan – wo liegt der Unterschied? Sie sind alle aus Ton hergestellt, unterscheiden sich aber in Zusammensetzung und Brenntemperatur. Keramik wird aus verschiedenen Tonarten gefertigt und bei bis zu 1300 °C gebrannt. Steingut, eine Form der Keramik, wird bis 1100 °C gebrannt, ist farbenprächtig, aber ohne Glasur nicht wasserdicht. Porzellan, das aus seltenem Kaolin besteht, wird gegossen und bei bis zu 1500 °C gebrannt. Durch seine Reinheit und den hohen Quarzanteil ist es hochwertiger, besonders widerstandsfähig und durchscheinend.

 

Vom Ton zur Tasse

Wie entstehen die individuellen Stücke bei klei ceramics?

Um das herauszufinden, schauen wir den beiden Gründerinnen Schritt für Schritt über die Schulter. Die Herausforderungen in der Produktion handgemachter Keramik sind vielfältig, von der richtigen Tonwahl bis hin zum Brennprozess, der immer wieder Überraschungen bereithält. „Es ist ein komplexer Vorgang, der Geduld erfordert. Aber gerade das macht die Arbeit für uns so spannend“, ergänzt Antonia.
1. Handarbeit: Die Herstellung setzt durch und durch auf traditionelle Handarbeit. Sie beginnt mit dem Töpfern, bei dem sowohl die Platten- als auch die Handaufbautechnik zum Einsatz kommen, um dem Ton seine Form zu geben. Diese Techniken erlauben es, dem Material mit Händen und Werkzeugen eine einzigartige Struktur und endgültige Form zu verleihen.
2. Schrühbrand: Nachdem die Keramikstücke geformt sind, erfolgt der erste Brand, der sogenannte Schrühbrand, bei einer Temperatur von 1.000 Grad Celsius. Um den hohen Stromverbrauch effizient zu gestalten, wird der Platz im Ofen maximal ausgenutzt. Während des Schrühbrands dürfen sich die Keramikstücke berühren und können daher gestapelt werden, was bei dem nachfolgenden Glasurbrand aufgrund des Zusammenklebens der glasierten Stücke nicht mehr möglich ist. Nach dem Schrühbrand werden die Keramikstücke feucht abgeschliffen. Dieser Schritt dient dazu, die feinen Partikel, die sich beim Schleifen lösen, durch das Wasser zu binden, sodass diese nicht in die Luft gelangen und eingeatmet werden können.
3. Glasieren: Anschließend werden die Stücke glasiert. Das Glasieren gibt den Stücken nicht nur ihre Farbe und ihren Glanz, sondern macht sie auch wasserdicht und lebensmittelecht.
4. Glasurbrand: Der finale Schritt im Herstellungsprozess ist der Glasurbrand, der bei Temperaturen von bis zu 1.240 Grad Celsius durchgeführt wird. In dieser Phase erhält die Keramik ihre endgültige Härte und das glänzende Finish.
Zusätzlich zu diesen zentralen Herstellungsschritten erfordern die Vorbereitung und das Nachbereiten besondere Aufmerksamkeit. Die Reinigung des Arbeitsplatzes und der Werkzeuge sowie das sorgfältige und sichere Verpacken der fertigen Keramikstücke sind essenziell, um die Qualität zu bewahren und Beschädigungen zu vermeiden. Dieser gesamte Prozess zeugt von einer tiefen Hingabe zur Handwerkskunst und einer Leidenschaft für die Schaffung einzigartiger Keramikstücke. Für Anfänger im Töpfern haben die beiden Gründerinnen einen Rat: „Seid geduldig und genießt den Prozess. Ton ist unglaublich verzeihend und bietet unendlich viele Möglichkeiten, sich kreativ auszudrücken.“

 

 

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