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STADTGEFLÜSTER

Von Popcorn und Projektoren: Fuldaer Kinos im Laufe der Zeit

Fuldaer Kinos im Laufe der Zeit: Seit das erste Kino in der Barockstadt Ende des 19. Jahrhunderts eröffnete, hat sich einiges getan.

Raschelndes Popcorn, gedimmtes Licht und Stimmengewirr, das plötzlich leiser wird, wenn endlich der Vorhang aufgeht: Ein Besuch im Kino ist für viele Menschen auch in Zeiten von teuren Heimkino-Systemen und Streaming-Anbietern ein ganz besonderes Erlebnis.

 

Eine besondere Atmosphäre

 

Im Kinosaal lässt man sich nicht so einfach ablenken vom surrenden Smartphone oder Unterbrechungen durch störende Mitbewohner. Hier bleibt das Handy im besten Fall stummgeschaltet in der Tasche und Unterhaltungen müssen warten bis zum Ende des Films – die Aufmerksamkeit liegt ganz auf der Leinwand und der spannenden Geschichte, die darauf flimmert. Nicht nur Cineasten schätzen die einzigartige Atmosphäre eines Kinosaals, die eben doch etwas ganz anderes bietet als der Fernseher zu Hause.

 

Fuldas allererstes Kino

 

Als zum Ende des 19. Jahrhunderts die allerersten Kinos entstanden, um die neuartigen bewegten Bilder einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, war das etwas ganz Besonderes. Wanderkinos mit Schaubuden kamen in die Stadt, um über mehrere Tage hinweg die ersten Stummfilme zu zeigen, die damals nicht selten von Instrumenten oder Erzählern begleitet wurden. Es dauerte nicht lange, bis im Jahr 1907 rund 400 Zuschauer beim Bürgerverein in der Fuldaer Rabanusstraße Platz fanden, um sich das dort gezeigte Filmtheater anzusehen.

 

Aus Kino wurde „Kerbersch Koarl“

 

Als Fuldas erstes richtiges Kino mit täglichen Vorstellungen gilt jedoch das Uniontheater in der Leipziger Straße, das um 1911 vom Kinobetreiber Fritz Rüth eröffnet wurde. In Giesels Felsenkeller, einer Gastwirtschaft mit Ball- und Theatersaal direkt neben der Unionbrauerei, wurden in den Sommermonaten Theatervorstellungen gezeigt, bevor das erste Kino dort einzog. Ungefähr zur gleichen Zeit eröffneten im neuen Vereinshaus des Bürgervereins, dem Europahaus, die „Palastlichtspiele“. Unter verschiedenen Namen des Kinos und mit einer Unterbrechung während der Kriegsjahre flimmerten dort bis zum Abriss im Jahr 1957 Filme über die Leinwand. Später entstand an dieser Stelle der „Kerbersch Koarl“, Fuldas berühmtestes ehemaliges Kaufhaus.

 

Goldene Zeiten für Kinos in Fulda

 

Mit Kino war es trotzdem noch lange nicht vorbei – es ging erst richtig los. Ein weiteres Fuldaer Kino entstand ebenfalls um 1911 an der Ecke Bahnhofstraße und Lindenstraße: Das „Central Lichtspielhaus“ wurde über die Jahre zum populären „Roxy Filmtheater“, das noch bis 1974 Filme zeigte. Weitere Kinos entstanden und erfreuten sich bei den Fuldaern großer Beliebtheit, denn die Freizeitmöglichkeiten waren zu dieser Zeit noch recht begrenzt.

 



 

 

Der große Brand 

 

In den Fünfzigerjahren kam es zu einem tragischen Zwischenfall: 1953 brannte das große Scala-Lichtspielhaus in der Petersberger Straße 62 ab – genau einen Tag vor seiner Neueröffnung. Damals galt das Scala als eines der modernsten und am besten ausgestatteten Kinos seiner Zeit. Die Ursache des Brands: Ein Elektriker hatte während seiner Montagearbeiten den Strom abgestellt, der auch die Luftturbine der Heizung betrieb. Nachdem es zur Rauchentwicklung kam und man die Lüftung schnell wieder einschaltete, wurde die bereits glühende Heizung vom Luftstrom erst recht angefeuert.

Das Feuer breitete sich schnell aus, es kam zur Rauchgasexplosion und der gesamte Bühnenraum war von Flammen überzogen. Probleme bei der Löschwasserversorgung sorgten dafür, dass man den Brand erst verspätet in den Griff bekam. Dank der hilfsbereiten Nachbarschaft konnten wertvolle Gegenstände zwar gerettet werden, dennoch entstand ein Schaden von 120.000 Mark. Das Scala-Lichtspielhaus wurde zwar von seinem ursprünglichen Besitzer nicht mehr eröffnet, später aber vom Ehepaar Käthe und Josef Schwab betrieben, die außerdem das Kurtheater Gersfeld sowie die Regina-Lichtspiele in Nidda führten.

Freikarten zur Eröffnung

 

Viele Erinnerungen gibt es auch zum Lichtspielhaus im heutigen Schlosstheater. „Damals gab es zur Eröffnung Freikarten, die wir uns ganz schnell besorgten“, erinnert sich der Fuldaer Joachim Zint. Seine Eltern seien erst dagegen gewesen. „Aber auf unser Drängen hin haben sie zum Glück doch noch nachgegeben.“ Der Kinobesitzer Hansgeorg Streitz übernahm später auch das „Roxy“ sowie das Uniontheater in der Friedrichstraße. Dieses Kino bestand unter mehreren Namen von 1933 bis in die Neunzigerjahre.

 

Farbfilme und Eiskonfekt: Wunderbare Erinnerungen an alte Zeiten

 

Im Uniontheater der Vierzigerjahre sah auch Joachim Zint seinen damals ersten Kinofilm: Schneewittchen und die sieben Zwerge. „Das war ein unvergessliches Ereignis. Als ich die Zwerge gesehen habe, bin ich im Saal aufgesprungen“, erinnert er sich an seine kindliche Begeisterung. „In fernsehlosen Zeiten waren bewegte bunte Bilder etwas ganz Besonderes.“

Hansgeorg Streitz eröffnete 1956 die Kinosäle „Rex“ und „Regina“ beim Bahnhof, die zu einem absoluten Hotspot der Kultur werden sollten. Später bekannt als „Streitz- Kinocenter“ schloss das damals sehr beliebte und belebte Kino seine Pforten erst im Jahr 2001. Einige Fuldaer erinnern sich heute noch gerne an das leckere Eiskonfekt, das hier verkauft wurde.

Viele Erinnerungen wurden sicherlich auch im Löhertor- Center geschaffen. Spätestens als in den Achtzigern das Kino im Center eröffnete, traf man sich vor allem hier – schließlich gab es neben den neuesten Hollywoodstreifen direkt nebenan unter anderem auch eine Diskothek, eine Bowlingbahn, Shopping-Möglichkeiten und jede Menge Gastronomie. Zur Eröffnung zeigte das Löhertor-Kino Hitchcock – wie passend, dass in den Sälen des Kinos damals noch geraucht werden durfte.

 

Das große Kinosterben?

 

Doch auch die goldenen Zeiten des Löhertors gingen zu Ende, denn 1999 eröffnete direkt gegenüber das moderne Multiplexkino Cinestar und präsentierte die neuesten Blockbuster-Streifen mithilfe neuester Technik. Das Löhertor-Kino stellte auf Programmkino um und schloss einige Jahre später seine Tore, noch lange bevor es zum kompletten Abriss des Centers kam.

Kinos gibt es in Fulda heute nicht mehr viele. Vielen ist nur noch das große Cinestar bekannt – doch es gibt außerdem noch das kleine Kino35 in der Ohmstraße, das ehrenamtlich von Mitgliedern der Kultur- und Kinoinitiative Fulda betrieben wird und vor allem anspruchsvollere Arthouse- Filme in gemütlicher Atmosphäre zeigt. Das freut vor allem Cineasten, die Abwechslung zum gewohnten Hollywood- Kino suchen. Aber ganz egal wie groß der Kinosaal ist: Die Zeit der Kinos ist noch lange nicht vorbei – und Popcorn schmeckt im Kino schließlich viel besser als zu Hause!

 

WAS IST DIE CINESNEAK? Für Filmfans gibt es in Fulda jeden Montag ein kleines Highlight: Bei der Sneak- Preview im Cinestar werden Filme noch vor Bundesstart zu einem günstigen Preis gezeigt. Allerdings wird vorab nicht verraten, um welchen Titel es sich dabei handelt. So bleibt es immer eine Überraschung, ob man eine französische Komödie, ein deutsches Drama oder einen heißerwarteten Hollywood-Streifen sieht. Vor der Vorstellung werden kleine Spiele und Quizrunden veranstaltet. Dabei hat Sneak- Moderator Dirk Schneider neben Freikarten und Filmplakaten kleine Popcorn-Tüten parat, die durch den Saal fliegen und mal mehr und mal weniger treffsicher bei den Zuschauern landen. Die Sneak gibt es bereits so lange, wie das Kino selbst: Seit 1999 ist die Veranstaltung ein beliebter Treffpunkt für alle, die Filme lieben.

 

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