Der Klostergarten
Der Klostergarten Fulda, eingebettet in die Mauern der Benediktinerinnenabtei zur Heiligen Maria, ist weit mehr als ein einfacher Garten. Er vereint Glaube, Wissenschaft und nachhaltige Bewirtschaftung. Mit seinen 2000 Quadratmetern bietet der Garten den Nonnen und Besuchern ein grünes Refugium mitten in der Altstadt.
Historische Wurzeln und moderne Nutzung
Seit fast vier Jahrhunderten ist die Benediktinerinnenabtei ein fester Bestandteil Fuldas. Hier leben 13 Schwestern, die der Ordensregel des Heiligen Benedikt „Bete und arbeite“ folgen. Der dazugehörige Klostergarten teilt sich in verschiedene Bereiche auf, die jeweils ihre ganz eigene Rolle spielen. Neben dem Nutzgarten, der Gemüse, Obst und Kräuter für den Klosterladen produziert, gibt es auch eine Kräuterspirale und einen mittelalterlichen Heilkräutergarten, angelegt nach dem Vorbild des Hortulus des Walahfried Strabo.
Doch der Garten verbirgt noch vieles mehr: Die Schriftstellerin Mely Kiyak hebt in ihrem Buch „Dieser Garten“ hervor, dass der Fuldaer Klostergarten ein besonderer Ort der wissenschaftlichen Forschung und ökologischen Innovation ist.
Pionierarbeit im ökologischen Gartenbau
Die Benediktinerinnen in Fulda haben nämlich bereits lange bevor die Begriffe „Öko“ und „Bio“ populär wurden, einen naturnahen Anbau praktiziert. Ihr Ansatz war nicht nur nachhaltig, sondern auch ökonomisch, da sie ohne finanzielle Unterstützung von außen auskommen mussten. Die Mischkultur von Obst, Blumen, Kräutern und Gemüse bildet die Grundlage ihrer Selbstversorgung und Unabhängigkeit. Die Schwestern setzen dabei auf eine nachhaltige Wirtschaftsweise, die den Boden schont und die Biodiversität fördert.
Seit über einem halben Jahrhundert wird dieser biologische Gartenbau hier betrieben – eine Tradition, die in den schwierigen Nachkriegsjahren begann und dank tatkräftiger Nonnen stetig weiterentwickelt wurde.
Humofix: Das Wundermittel aus dem Kloster
Eine herausragende Erfindung, die im Klostergarten ihren Anfang nahm, ist Humofix: ein Kompostaktivator, der Anfang der Fünfzigerjahre aus der Zusammenarbeit von Schwester Laurentia Dombrowski mit den Benediktiner-Nonnen aus dem Kloster Stanbrook in England entstand.
Dieses Pulver revolutionierte die Kompostierung von Gartenabfällen und wurde zu einem begehrten Produkt, das die Nonnen selbst herstellten und vermarkteten. Es ermöglicht eine reiche Ernte ohne chemische Düngemittel. Diese nachhaltige Praxis hat dem Kloster bereits mehrere Umweltschutzpreise eingebracht.
Viele der praktizierten Techniken und Rezepte wurden außerdem durch die Gartenzeitschrift „Winke für den Biogärtner“ verbreitet, die dreimal im Jahr von der Klostergemeinschaft herausgegeben wird und weit über die Grenzen Fuldas hinaus Beachtung findet.
Ein Garten voller Leben und Lehren
Der Klostergarten öffnet in den Sommermonaten seine Pforten für Besucher und bietet sogar regelmäßig Führungen an. Diese Einblicke geben nicht nur die Möglichkeit, die beeindruckende Gartenanlage selbst zu erkunden, sondern auch die Philosophie und die Methoden des biologischen Gartenbaus kennenzulernen. Der Klostergarten ist also ein Ort der Bildung und des Austauschs und ein gutes Beispiel dafür, wie man mit Respekt und Hingabe an die Natur herangeht.
Die Geschichte des Gartens und der Nonnen zeigt auf, wie sich durch die Jahre nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch die Rolle der Frauen in der Gesellschaft gewandelt hat. Von promovierten Pharmazeutinnen bis zu Pianistinnen mussten viele der Schwestern lernen, den Garten zu bewirtschaften – eine Fähigkeit, die sie während des Krieges zum Überleben benötigten.
Der Klostergarten in Fulda ist ein echter Geheimtipp – eine grüne Oase mitten in der Stadt, die sowohl Erholung als auch Bildung bietet. Ein Besuch hier ist nicht nur eine inspirierende Lehrstunde in ökologischem Gartenbau, sondern auch eine Einladung, die Stille und Schönheit der Natur zu genießen.
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