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STADTGEFLÜSTER

Der Wille war da – Gastronomen berichten

Swen Bachmann berichtet, wie sein Konzept für den Winter im Hopfenglück ausgesehen hätte und Crescenzo Mattera möchte seinen Stammgästen im La Romantica bald wieder ein Lächeln schenken.

„Ich gehe davon aus, dass wir dieses Jahr nicht mehr öffnen dürfen“, mutmaßt Swen Bachmann. Der Gastronom, der auch Doppeldecker und Kaffeeklatsch in der Innenstadt betreibt, hat erst Anfang 2020 das Hopfenglück in der Leipziger Straße eröffnet. Die durch Corona bedingten Schließungen haben ihn und sein Team dabei voll erwischt. Geplant war, dass der Biergarten ganzjährig geöffnet bleibt. Dafür wurde extra das Dach der Terrasse erweitert und es wurden Heizstrahler installiert. Aktuell dürfen Gastronomen ihre Gäste aber nicht mal im Freien bewirten. Einige bieten Take-away-Food oder Lieferung an, so auch das La Romantica.

 

Regeln klar kommunizieren

 

„Diese Maßnahmen mussten getroffen werden“, so Bachmann, der die Entscheidung der Bundesregierung versteht. „Das liegt an einem kleineren Prozentsatz der Bevölkerung, der sich nicht an die Regeln gehalten hat. Und das müssen wir nun ausbaden.“ Die meisten Gastronomen hätten Abstands- und Hygienebestimmungen eingehalten. Aber einige seiner Kollegen muss er auch rügen: „Man hätte die Regeln klarer kommunizieren und dann auch durchsetzen müssen. Einige hätten sich wohl erst daran gehalten, wenn die Strafen höher ausgefallen wären.“

 

Kein Essen to go im Hopfenglück

 

Bachmann ist sich sicher: Strengere Kontrollen hätten uns einige Folgen erspart. „Da hat die Regierung im Sommer gepennt und vieles einfach laufen lassen. Die Konsequenzen sehen wir jetzt.“ Mit mehr Rücksicht und Abstand wäre es laut ihm anders gelaufen. Aktuell sind alle drei Betriebe des Gastronomen komplett geschlossen. Speisen zum Mitnehmen gibt es bei Swen Bachmann zurzeit nicht.

 

Eine anstrengende Zeit für das Personal

 

„Klar hatten wir im Doppeldecker viele Diskussionen und Ärger mit Leuten, die nicht verstanden haben, dass wir uns an die Regeln halten und diese auch durchsetzen.“ Bachmanns Team hat die Leute beispielsweise an der Tür abgeholt und an ihre Plätze gebracht. Man habe darauf geachtet, dass Abstände eingehalten werden. „Das ist natürlich schwierig, wenn die Gäste Alkohol getrunken haben. Da ist klar, dass Diskussionen aufkommen“, erklärt der Gastronom. Es sei eine anstrengende Zeit für das Personal gewesen. „Aber wir haben das durchgezogen.“ Unterm Strich kann er aber positiv berichten: „Es gibt Aufnahmen vom Doppeldecker, da sitzen die Leute gesittet und ordnungsgemäß, als stünde ein Pfarrer in der Ecke und hielte eine Andacht.“ So könne es funktionieren, dass man sich abends auf ein paar Getränke trifft.

 

Weihnachten und Silvester zusammen feiern?

 

Problematisch sieht er die Aussage der Regierung, dass man Weihnachten und Silvester gemeinsam feiern könne, wenn man sich jetzt an die Regeln halte. „Das ist doch Quatsch. Das können wir nicht. Jedenfalls nicht im gewohnten Ausmaß“, so Bachmann. Gerade zu diesen Zeiten, in denen viele Menschen zusammenkommen, müsse man vorsichtig sein. „Das ist alles neu für uns. Wir hatten ja nie größere Probleme. Es ging uns sehr gut“, weiß Bachmann. „Jetzt muss die Gesellschaft daran arbeiten, dass wir gut durch diese Krise kommen. Im Endeffekt kostet alles viel Geld, und das muss die Gemeinschaft zahlen.“

 

„Gegessen und getrunken wird immer“ – oder?

 

Sein Opa habe früher immer gesagt: „Gegessen und getrunken wird immer!“ Nun erlebt Bachmann andere Zeiten. „Man ging davon aus, dass Gastronomen und Personal einen krisensicherer Job hätten. Das hat man auch zu Piloten und Schiffskapitänen gesagt. Und jetzt steht alles da.“ Er kann sich vorstellen, dass Personalmangel das nächste Problem sein wird. „Viele aus diesen Branchen werden sich einen anderen, sichereren Job suchen wollen.“

 

Bewusstsein schaffen und zusammenhalten

 

Jetzt passiere laut Bachmann Folgendes: „Die Leute treffen sich privat untereinander. Da sitzt mal einmal bei dem einen im Keller, und mal beim anderen im Garten. Und wenn dann jemand krank wird, sagt niemand Bescheid, dass er mit 20 Leuten zusammensaß. In der Gastronomie kann man das zumindest nachvollziehen.“ Er verstehe die jungen Menschen, die sich treffen wollen. Auch ältere Menschen, die nicht einsam sein wollen, und denen vielleicht augenscheinlich egal sei, ob sie krank werden. Ihm fehlt ein wenig, dass mehr Bewusstsein darüber geschaffen wird, wieso die Maßnahmen so wichtig sind: „Wir wollen die Allgemeinheit schützen. Wir wollen das Gesundheitssystem nicht lahmlegen. Damit jeder im Notfall Hilfe bekommen kann.“

 

Es wird auch ein Danach geben

 

Viele aus der Branche werden die Krise laut Bachmann nicht überleben. „Das ist traurig, wenn man sieht, dass Herzensdinge, die sich jemand aufgebaut hat, einfach zugrunde gehen. Aber so ist es leider.“ Es werde aber auch irgendwann ein Danach geben. „Und das ist die Hoffnung, daran muss man glauben. Irgendwann werden die Leute wieder weggehen können und wollen.“

 

Kontakte werden bewusster vermieden

 

Gastronom Crescenzo Mattera hingegen bietet in seinem Restaurant La Romantica weiterhin Liefer- und Mitnahmeservice an. Doch auch er sieht die aktuelle Zeit als sehr schwerwiegend für die Branche an: „Die Leute sind dieses Mal viel zurückhaltender. Einige wollen sich nicht mal Essen liefern lassen und scheinen Kontakte ganz bewusst zu verhindern.“ Im Frühjahr sei das noch anders gewesen.

 

Keine Weihnachtsfeiern in diesem Jahr

 

Abgesehen von den fehlenden Einnahmen findet er es richtig, dass die Leute sich vorsichtig verhalten. „Wenn es hilft, bin ich dafür. Denn nur so kommen wir durch diese Zeit.“ Seit der Rede der Bundeskanzlerin vor den Schließungen seien die Reservierungen auf einen Schlag zurückgegangen. „Das wären die zwei wichtigen Monate für uns gewesen. Jetzt fallen alle Weihnachtsfeiern weg. Früher mussten wir noch schauen, wie wir alle Reservierungen unter einen Hut bekommen“, erzählt Mattera.

 

Den Stammgästen wieder ein Lächeln schenken

 

Für sich und sein Restaurant La Romantica wünsche er sich in erster Linie, seinen Stammgäste wieder die Hand geben und sie mit einem Lächeln begrüßen zu dürfen. „Wir Gastronomen haben alle Abstände eingehalten, die Tische auseinandergezogen, die Leute in verschiedene Räume gesetzt. Und dann sehe ich andersherum die Leute, die in U-Bahnen weiterhin eng zusammensitzen“, so der Gastronom. Das passe für ihn nicht zusammen.